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Montag, 3. Februar 2020

Waren alle Kriege sinnlos?


Gab es Kriege, die rückblickend als gerechtfertigt bezeichnet werden können oder die einen "Fortschritt" brachten?
Oder waren alle Kriege sinnlos? Macht es überhaupt Sinn, sich diese Frage zu stellen?
Jean Amery schrieb: Man soll und darf die Vergangenheit nicht auf sich beruhen lassen, weil sie sonst auferstehen und zu neuer Gegenwart werden könnte.

Betrachten wir zuerst die Kriege im Irak. 1990 überfiel der Irak Kuwait. Einige Monate später begann eine Koalition, angeführt von den USA mit Kampfhandlungen zur Befreiung Kuwaits. Nach einigen Tagen war Kuwait befreit und die irakischen Truppen wurden vernichtend geschlagen.
2003 wurde unter der Führung der USA wieder ein Krieg gegen den Irak begonnen. Die USA verdächtigten den damaligen Diktator im Irak, Saddam Hussein, Massenvernichtungswaffen zu besitzen. Sie stürzten Saddam Hussein und hatten zum Ziel, eine demokratische Regierung an die Macht zu bringen.
               Die Befreiung Kuweits durch die Armeen der Koalition war unzweifelhaft ein gerechtfertigter und erfolgreicher Einsatz.
Im Gegensatz dazu, muss der Einmarsch in den Irak, der den Sturz des Diktators Saddam Husseins zur Folge hatte, als grosses  Desaster bezeichnet werden.
Der Vorwurf, Saddam Hussein entwickle Massenvernichtungswaffen, erwies sich als falsch. Es ist wahr, dass er den Terrorismus unterstützte und sein Volk unterdrückte. Aber dürfen solche Vorwürfe in Zukunft ein militärisches Eingreifen legitimieren? Der Einmarsch in den Irak forderte unter der irakischen Zivilbevölkerung viele Todesopfer und nach Kriegsende kam es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen und zu tausenden Terroranschlägen, was die Ausbreitung des Islamischen Staates begünstigte.
Die Absicht, nach dem Krieg eine demokratische Regierung an die Macht zu bringen, war völlig illusorisch! Es bleibt zu hoffen, dass sich endlich die Einsicht durchsetzt, dass sich demokratische Regierungen nur in Ländern installieren lassen, in denen das Volk reif dazu ist.
Hatte man daraus gelernt? 

Die Auseinandersetzungen in Syrien begannen 2011 mit friedlichen Demonstrationen, die bald zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit dem autoritären Regime Assad wurden. Eine Vielzahl bewaffneter Gruppen rangen um die Macht, die auch ausländische Interessen vertraten.
        Die Heterogenität des syrischen Staates und der syrischen Gesellschaft führt zu einem grossen Konfliktpotential. Die Sunniten bilden die Mehrheit der Bevölkerung. Zu den religiösen Minderheiten gehören Schiiten (Alawiten, Drusen), Jesiden und Christen. Präsident Baschar al-Assad gehört zu den Alawiten. Die meisten Rebellen waren Sunniten, die sich von Assad unterdrückt fühlten.
Ab November 2012 unterstützte der Geheimdienst CIA - durch verdeckte Operationen - Rebellen massiv mit Waffen (Wikipedia: Bürgerkrieg in Syrien seit 2011).
Ab Juli 3013 wurden "gemässigte" Rebellen durch die Administration Obama offen mit Waffen unterstützt.
Der "Islamische Staat" profitierte vom Chaos in Syrien und eroberte rasch grosse Gebiete von Syrien und konnte erst durch den Einsatz von Kampfflugzeugen der USA und Russland wieder zurückgedrängt werden.
Durch den Krieg verloren eine halbe Million Syrer ihr Leben und mehr als 5 Millionen flohen ins Ausland.
Warum wurde dem syrischen Volk dieses Elend zugefügt? Die Rebellen, die Administration Obama und viele europäische Länder wollten den Despoten Assad stürzen. Sie wurden von den meisten namhaften Zeitungen in den USA und Europa moralisch unterstützt. Die meisten Zeitungen vertraten die Ansicht, dass es mit Assad keinen Frieden geben werde. 
Sicher, Assad ist ein Diktator, der sich nur mit brutaler Gewalt an der Macht halten kann, aber was ist die Alternative?
In dem mehrheitlich muslimischen Syrien herrscht eine Kultur, in der die Gewalt allgegenwärtig ist und schon immer war. Die Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten sind nicht neu. Schon 18 Jahre nach dem Tod von Mohammed trugen die Sunniten und Schiiten ihre Streitigkeiten in blutigen Schlachten aus. Ich glaub nicht, dass der Westen in Syrien einen funktionierenden Staat aufbauen kann.

Auch der gewaltsame Sturz von Gaddafi in Libyen war nicht von Erfolg gekrönt. 
Die oben beschriebenen Einsätze von Armeen aus dem Westen wurden alle in fremden Kulturkreisen durchgeführt.

Die Konflikte in Jugoslawien fanden in unserem Kulturkreis statt und ein militärisches Eingreifen sollte daher eher erfolgreich sein.
Die Intervention der NATO im Kosovo ist ohne den Massenmord von Srebrenica, vier Jahre zuvor, nicht zu erklären. In der westlichen Öffentlichkeit fühlte man sich schuldig, weil man in Srebrenica nicht eingegriffen hatte.
1999 hatte der Konflikt zwischen Serben und den aufständischen Kosovo-Albaner ein Ausmass erreicht, dass die Öffentlichkeit nicht mehr zuschauen konnte. Mit dem Eingriff der NATO wollte man die zivile Bevölkerung im Kosovo schützen.
Die NATO war davon ausgegangen, dass ein paar harte Luftangriffe gegen militärische Ziele ausreichen würden, die Serben zum Einlenken zu bewegen. Die Serben lenkten aber erst ein, nachdem auch die zivile Infrastruktur ins Visier genommen wurde. was zum Tod von etwa 500 Zivilisten führte.
Die Intervention führte letztlich zur noch umstrittenen Unabhängigkeit des Kosovo, wo jetzt aber die Waffe ruhen.

Gibt es noch mehr Kriege oder Interventionen, die man heute als Erfolg werten kann?
Es gibt eine Website "Kriege der Menschheit", in der mehr als 400 Kriege aufgelistet sind. Die meisten Kriege beschäftigen uns heute nicht mehr oder wir können schwer nachvollziehen, warum sich damals die Menschen die Köpfe eingeschlagen haben.
Aber über den Sezessionskrieg in den USA machen wir uns auch heute noch häufig Gedanken. Im Internet gibt es unzählige Beiträge und es wurden sicher hunderte Bücher über den Sezessionskrieg geschrieben. Aber die wenigsten stellen sich die Frage, ob dieser Krieg notwendig war oder was geschehen wäre, wenn er nicht ausgetragen worden wäre.
Als der als Sklavereigegner geltende Abraham Lincoln zum Präsidenten gewählt wurde, sagte sich der Süden los und verkündete die Konföderierten Staaten von Amerika. Lincoln konnte die Aufkündigung der staatlichen Einheit nicht hinnehmen und so begann 1861 der Sezessionskrieg.  

Die Frankfurter Allgemeine schrieb 2015: Doch erst mit dem Krieg war der Aufstieg Amerikas zur Weltmacht möglich. Der Konflikt revolutionierte die Wirtschaft des Nordens ..... 
Ich möchte bezweifeln, dass die Wirtschaft des Nordens ohne den Krieg nicht auch stark geworden wäre und wenn schon, war es wert, dass 620'000 Menschen, zwei Prozent der amerikanischen Bevölkerung starben?
In meinem Post Pazifismus vom November 2017 schrieb ich:
In den letzten Jahren ist es hauptsächlich aus zwei Gründen zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen:
·       Um die Einheit der Staaten zu erhalten, werden Minderheiten ohne Autonomierechte mit Waffengewalt im Zentralstaat gehalten. Wieviel Tote ist die Einheit eines Staates wert? Es sollte zu einem Gewohnheitsrecht werden, dass alle Minderheiten darüber abstimmen dürfen, wieviel Autonomierechte sie beanspruchen möchten.
·       In den letzten zweitausend Jahren haben immer wieder Ideologien und Religionen zu katastrophalen Kriegen geführt.

Ich glaube, dass die Konföderierten Staaten und die Nordstaaten
nach einigen Jahrzehnten auch ohne diesen brutalen Krieg wieder zusammengefunden hätten und dass die menschenverachtende Sklaverei auch in den Südstaaten abgeschafft worden wäre. Die Bürger der Nordstaaten, die mit Waffengewalt die Südstaaten massregeln wollten, haben es sicher gut gemeint, aber..... (siehe auch Aussenpolitik vom Okt. 2017)
        Man   kann sich fragen, ob es angebracht ist, dass man als Europäer die Geschichte der USA interpretiert. Die Bewertung des Sezessionskrieges der USA hat aber auch heute noch Auswirkungen auf die ganze Welt. Denn wenn man die Ansicht vertritt, dass Lincoln in die Südstaaten einmarschieren musste, um die Sklaverei zu beenden und um die Union zu erhalten, dann wird man auch heute die Ansicht vertreten, dass man mit Waffengewalt Regierungen stürzen muss, die die Menschenrechte verletzen.
             

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